Väterkarenz notwendig
Geschlechterrollen aufbrechen
(07.05.2024) In Österreich sind zuletzt nur 3,3 Prozent der Väter in Karenz gegangen. Eine Studie von Sonja Dörfler-Bolt (Institut für Familienforschung) präsentiert jetzt, dass dieses Ergebnis das Aufbrechen klassischer Geschlechterrollen ausbremst. Die gerechte und gesetzliche Aufteilung der Karenz würde nicht nur traditionelle Klischeebilder in der Gesellschaft verblassen lassen, sondern auch für mehr Gleichberechtigung im Job sorgen.
Österreich im Vergleich zu Schweden
Zwar gibt es in ganz Europa immer noch eine deutliche Geschlechterkluft bei der Aufteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern sind allerdings teilweise enorm, zeigt Dörfler-Bolts Vergleich von Österreich und dem fortschrittlichen Schweden. In beiden Ländern habe sich seit den 1990ern viel getan bei der Aufteilung der elterlichen Arbeit, Österreich sei allerdings weiterhin deutlich traditioneller, wie die aktuellsten verfügbaren Zahlen zeigen.
Schweden als Vorzeigemodell
In Schweden arbeiten 50 Prozent der Mütter mit Kindern unter drei Jahren, während es in Österreich nur ein Drittel sind. Außerdem sind in Österreich mehr Mütter zu Hause und nicht in Karenz. Nur 16 Prozent der österreichischen Väter haben nach der Geburt ihres Kindes Kinderbetreuungsgeld bezogen, im Gegensatz zu 88 Prozent in Schweden. Schwedische Männer beteiligen sich auch mehr an Kochen und Hausarbeit. In Österreich denken 57 Prozent, dass die Familie unter der Vollzeitbeschäftigung der Mütter leidet, während es in Schweden nur 16 Prozent sind.
politische Maßnahmen
Erst seit diesem Jahr gilt - aufgrund einer EU-Richtlinie - in Österreich die Regel, dass zumindest zwei Monate der Karenz für Väter reserviert sein müssen. Damit seien die Karenzregeln erstmals so gestaltet, dass sie zur Auflösung klassischer Geschlechterrollen beitragen, so Dörfler-Bolt. In den Zahlen wird sich diese Änderung erst mit einer Verzögerung von eineinhalb Jahren ablesen lassen. Das bisherige "Mantra der Freiheit der Wahl" habe einen früheren Wandel in Richtung Gleichberechtigung verhindert. Wenn wirklich mehr Väter in die unbezahlte Arbeit gebracht werden sollen, brauche es eine klare Politik in diese Richtung. "Das würde letztlich auch Einstellungen verändern" - bei den Unternehmen und anderswo, betonte Dörfler-Bolt.
Klischees
Selbst Pärchen, die sich eine gleichberechtigte Sorgearbeitsaufteilung vornehmen, hinterfragen die Vollzeiterwerbstätigkeit des Mannes nicht. Das zeigt eine qualitative Befragung von Soziologin Gerlinde Mauerer (Uni Wien). Die Beteiligung von Männern an der Familienarbeit sei insgesamt im Männerbild "noch nicht prägend".
Frauen sind noch immer mehr belastet
Männer die in Karenz gehen schneiden zwar bei der Beteiligung an der Kinderbetreuung gut ab, Frauen leisten aber immer noch mehr. Frauen sind mehr belastet - und das liege keineswegs am Klischee von Müttern, die die Väter in Wirklichkeit "nicht ranlassen", betonte Mauerer. Die Umfrage zeigt, dass Mütter oft mehr planen müssen, wie den Kindergartenplatz, passende Kleidung und soziale Kontakte. Da Frauen länger zu Hause bleiben und öfter Teilzeit arbeiten, müssen sie ausgleichen, wenn ihre Partner weniger flexible Arbeitsbedingungen haben.
(APA/VH)