Trump und das Zoll-Chaos
Zollpause: ATX gewinnt 7,36 %
(10.04.2025) Hin und her und rauf und runter, so kann man auch Politik in einem der wirtschaftlich wichtigsten Ländern der Welt betreiben und die Erde in Geiselhaft nehmen. So geht Politik? Die Wiener Börse hat am Donnerstag zumindest mal den Handel mit satten Kursgewinnen aufgenommen. Das ist ja schon mal positiv. Der heimische Leitindex ATX zog in den ersten Handelsminuten beachtliche 7,36 Prozent auf 3.867,35 Zähler hoch. Auch die europäischen Leitbörsen starteten eine Erholungsrally, nachdem US-Präsident Donald Trump im internationalen Zollkonflikt teilweise eingelenkt hat.
Das teilweise Einlenken von US-Präsident Donald Trump im internationalen Zollkonflikt sorgt für etwas Erleichterung bei Handelspartnern und für Euphorie an den Börsen. Trump hatte nach großen Turbulenzen an den Aktien- und Finanzmärkten überraschend entschieden, vielen Staaten 90 Tage lang eine Pause von bestimmten Zöllen zu gewähren. Allerdings ging er mit zusätzlicher Härte gegen China vor und erhöhte die Abgaben auf chinesische Einfuhren noch weiter. Sein Hin und Her bei den Zöllen und die daraus folgenden Marktschwankungen rufen viel Kritik hervor - und werfen Fragen nach möglichem Insider-Handel auf.
Trump setzte einige, gerade erst in Kraft getretene Zölle für 90 Tage aus. Während dieses Zeitraums gelte ein gesenkter Zollsatz in Höhe von zehn Prozent für alle betroffenen Länder bis auf China, verkündete er auf der Online-Plattform Truth Social. Damit legte der US-Präsident einen Teil seines erst vor wenigen Tagen verkündeten gewaltigen Zollpakets vorerst auf Eis.
2 Stufen Paket
Das Paket bestand aus zwei Stufen: In einem ersten Schritt führte die US-Regierung neue pauschale Zölle in Höhe von zehn Prozent auf Importe aus fast allen Ländern ein - die sollen auch bleiben. Für viele Staaten wurden aber in einem zweiten Schritt je nach Handelsdefizit noch deutlich höhere individuelle Strafabgaben verhängt - und diese werden nun vorerst ausgesetzt.
Pause
Während der 90-tägigen Pause soll es Verhandlungen mit den betroffenen Staaten geben. Trump nennt als Ziel, andere Länder mit Hilfe der Zölle dazu zu zwingen, Handelsbarrieren für deren Einfuhren aus den USA abzubauen.
Bereits zuvor hatte Trump Zölle auf bestimmte Einfuhren wie Autos, Stahl und Aluminium verhängt - unabhängig davon, aus welchem Land sie kommen. Diese Zölle sind nach allem, was bekannt ist, weiter in Kraft. Allerdings lieferte die US-Regierung nur spärliche Informationen zu Trumps unerwarteter Kehrtwende und stiftete mit ihrer Kommunikationspolitik einige Verwirrung.
Was bedeutet die Entscheidung für die EU?
Für Handelspartner aus der Europäischen Union werden die jüngst verhängten US-Zölle durch den Schritt halbiert. Mit Trumps großem Zollpaket hatten die USA auf Einfuhren aus der EU ursprünglich Zölle in Höhe von insgesamt 20 Prozent verhängt. Nun gelten - zumindest für 90 Tage - erst einmal 10 Prozent.
An den Aktienmärkten löste der Schritt dennoch große Erleichterung aus. Trumps Entscheidung katapultierte die US-Börsen nach tagelanger Talfahrt nach oben, am Morgen danach schnellten dann auch die Kurse an den asiatischen Börsen in die Höhe. Der Dow Jones Industrial machte die Kursverluste der vergangenen drei Handelstage innerhalb von Minuten wett und schloss mit einem Plus von 7,87 Prozent bei 40.608,45 Punkten. Für den marktbreiten S&P 500 ging es am Ende um 9,52 Prozent auf 5.456,90 Zähler aufwärts. Der von den großen Technologieaktien dominierte Nasdaq 100 gewann gar 12,02 Prozent auf 19.145,06 Punkte.
"Größter Tag der Geschichte", echt jetzt?
In den vergangenen Tagen hatte die Angst, dass die Zölle die US-Wirtschaft abwürgen könnten, die Kurse nach unten gedrückt. Nun frohlockte Trump: "Man sagt, es war der größte Tag in der Finanzgeschichte."
Angst vor US-Verlusten
Mit der Einführung der Zölle hatte der Präsident die Talfahrt überhaupt erst ausgelöst. Ökonomen sahen ein erhöhtes Risiko für eine Rezession in den USA. In der Nacht auf Mittwoch zeichnete sich zugleich ab, dass Investoren US-Staatsanleihen abstoßen könnten - eine besorgniserregende Entwicklung für die Zukunft der amerikanischen Staatsfinanzen. Marktbeobachter mutmaßen, dass dies die Zollpause herbeigeführt haben könnte. US-Handelsminister Howard Lutnick bestritt das in einem Interview des Senders CNBC.
Trump wurde nervös
Trump selbst sagte zur Begründung für sein überraschendes Umschwenken, "die Leute" seien etwas unruhig und "ein bisschen ängstlich" geworden. Es gelte eben: "Man muss flexibel sein." Allerdings könnte auch Trumps eigene Nervosität eine Rolle gespielt haben. Börsenkurse sind etwas, was der Republikaner besonders aufmerksam verfolgt und was ihn bewegt. Die Handelsexpertin von Daniels betonte, Trump habe von den Finanzmärkten, aber auch von einzelnen Unternehmern großen Druck bekommen.
Taktik oder Chaos?
US-Regierungsvertreter hatten sich in den vergangenen Tagen noch unnachgiebig gezeigt und betont, dass die Zölle nichts seien, was sich innerhalb von Tagen oder Wochen kippen oder wegverhandeln lasse. Und das Weiße Haus hatte vorherige Spekulationen über eine mögliche Aussetzung des gewaltigen US-Zollpakets noch als "Fake News" zurückgewiesen. Umso überraschender kam die Wende. Einige Kritiker sprechen nun allerdings auch von Marktmanipulation.
Marktmanipulation?
Trump sagte zum Timing für seinen Kursschwenk, er habe das Ganze früh am Mittwochmorgen entschieden. Am Nachmittag US-Ostküstenzeit verkündete er den Schritt über Truth Social. Am späten Mittwochmorgen, also wenige Stunden vor seiner Ankündigung, die den Aktienmarkt zurück nach oben schnellen ließ, hatte Trump auf Truth Social noch geschrieben, jetzt sei eine großartige Zeit, zu kaufen. Er unterschrieb den Post mit seinen Initialen DJT. Das ist auch das Börsenkürzel des Trump-Medienunternehmens, das Truth Social betreibt. Die Aktie von Trump Media & Technology beendete den Börsen-Tag mit einem Plus von 21,67 Prozent.
Tesla Aktien vorn dabei
Die Papiere des Autobauers Tesla, der vom Trump-Verbündeten Elon Musk geführt wird, legten um 22,7 Prozent zu. Musk soll sich für eine Aussetzung der hohen Zusatzzölle eingesetzt haben. Auch hier hallt nach, dass Handelsminister Lutnick vor einigen Tagen live im Fernsehen die Bürger dazu aufgerufen hatte, Tesla-Aktien zu kaufen, weil sie nie wieder günstiger sein würden.
Demokraten: Abgekartetes Spiel?
Mehrere Demokraten aus dem US-Kongress halten all das für ein abgekartetes Spiel. Der demokratische Senator Adam Schiff schrieb auf der Plattform X, Trumps Hin und Her bei den Zöllen und die Marktschwankungen lieferten "gefährliche Möglichkeiten für Insider-Handel". Schiff fragte: "Wer in der Regierung wusste vorab von Trumps jüngstem Kurswechsel bei den Zöllen? Hat irgendjemand Aktien gekauft oder verkauft und auf Kosten der Öffentlichkeit profitiert?" Auch andere Demokraten verlangten Aufklärung dazu. "Das ist Chaos", beklagte der demokratische Minderheitsführer im US-Senat, Chuck Schumer. Trump ändere "die Dinge von Tag zu Tag". Mit so einer Unberechenbarkeit lasse sich kein Land regieren.
(apa/fd)