Rätsel um Verhandlungsstand
Kickl und Stocker in Hofburg
(11.02.2025) Wir sind extrem gespannt, wie das ausgehen wird! Die Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP sind heute im Parlament fortgesetzt worden. Kritische Stimmen aus den Reihen der ÖVP ließen den Tag über vermehrt Zweifel an einem erfolgreichen Abschluss aufkommen. Offiziell herrschte am Nachmittag Stillschweigen. Am Nachmittag werden FPÖ-Chef Herbert Kickl und ÖVP-Obmann Christian Stocker - getrennt - in der Hofburg erwartet. Laut "Profil" sollen die beiden Parteichefs Termine bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen haben. Aus der Hofburg gab es dazu auf APA-Anfrage keine Bestätigung. Am Nachmittag waren die Pressesprecher beider Parteien auf Tauchstation. Auch die Frage, ob die gegen Mittag begonnene Gesprächsrunde überhaupt noch andauerte, blieb unbeantwortet.
Beim Eintreffen im Parlament hatten sich die Chefverhandler jedenfalls versöhnlich gezeigt. Die Verhandlungen gingen selbstverständlich weiter, meinte ÖVP-Chef Christian Stocker. FPÖ-Chef Herbert Kickl sprach von "fünf guten Jahren", die man bescheren wolle. Weder Kickl noch Stocker ließen sich vor Beginn der Runde in die Karten schauen. Das Innenministerium sei "ein wichtiges Ressort" und eine freiheitliche Kernkompetenz, "mit dieser Einstellung gehen wir in die Verhandlungen", sagte Kickl auf die Frage, ob seine Partei auf dem von beiden Seiten beanspruchten Ministerium beharren werde. Es gehe um die inhaltliche Basis, daraus würden sich auch die Ressortverantwortlichkeiten ableiten, meinte sein Verhandlungsgegenüber von der ÖVP Stocker. Kickl erinnerte daran, dass man seit drei Monaten höre "nicht weiter wie bisher" und genau an dem orientiere er sich.
Scharfe Töne kamen am Dienstag von WKÖ-Präsident Harald Mahrer und ÖVP-EU-Mandatar Reinhold Lopatka. Wirtschaftskammer-Chef Mahrer als einer der maßgeblichen ÖVP-Verhandler stellte der FPÖ noch vor Gesprächsbeginn die Rute ins Fenster: "Wer nicht konsensbereit ist, und sich nur im Machtrausch befindet, der ist möglicherweise nicht regierungsfit", wurde er in der "Krone" zitiert. In der FPÖ wollte man das auf APA-Anfrage nicht kommentieren.
Kritik kam auch vom Obmann der Wiener Volkspartei, Karl Mahrer. "Meine kritische Haltung zu Herbert Kickl hat sich zuletzt erneut bestätigt", sagt er zum "Standard". "Kickl will offenbar keine stabile und handlungsfähige Regierung - er setzt auf totale Kontrolle und Macht. Wir setzen auf Verantwortung. Herbert Kickl muss sich endlich klar werden, was er möchte - sonst scheitert er." ÖVP-EU-Delegationsleiter Lopatka hält einen Einigung auf eine Koalition mittlerweile für "sehr, sehr unwahrscheinlich", sagte er gegenüber der "Kleinen Zeitung". Er sieht seitens der FPÖ keine Bereitschaft für einen pro-europäischen Richtungswechsel: "Da hat es wenig Sinn, noch weiter zu tun."
Am Nachmittag rückte schließlich auch Seniorenbund-Chefin Ingrid Korosec aus, um den FPÖ-Chef zu tadeln: "Von Herbert Kickl ist keine Kompromissbereitschaft zu sehen. Daher ist eine Regierungszusammenarbeit mit der FPÖ schwer möglich", meinte sie in einer Aussendung. "Wichtig ist, dass die Bevölkerung rasch eine stabile und auf Konsens ausgerichtete Regierung bekommt."
Mikl-Leitner fordert Kompromissfähigkeit
Niederösterreichs ÖVP-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner wandte sich am Dienstag am Rande einer Pressekonferenz in St. Pölten an Kickl. "Wenn ich Bundeskanzler dieser Republik werden will, dann ist das auch eine ganz große Verantwortung. Mit dieser Verantwortung verbunden ist natürlich auch die Kompromissfähigkeit und vor allem auch die Fähigkeit, Brücken zu bauen, um Kompromisse und gemeinsame Zugänge zu schaffen." Die SPÖ wiederum habe "retrosozialistische Forderungen" erhoben und ÖVP und NEOS bei den Dreierkoalitions-Gesprächen "vom Verhandlungstisch gedrängt". Dass man nun vorgebe, die Hand sei ausgestreckt, "das scheint mir unglaubwürdig zu sein", befand Mikl-Leitner. Eine von den NEOS aufs Tapet gebrachte Option einer Minderheitsregierung stelle sich aktuell aufgrund der laufenden Regierungsverhandlungen nicht.
ÖVP übermittelt Papier mit "Grundlinien"
Am Vorabend hatten sich die Chefverhandler nach tagelangen Querelen erstmals wieder zusammengesetzt. Die ÖVP übergab dabei der FPÖ ein zweiseitiges Papier mit "Grundlinien", die außer Streit gestellt werden sollten, etwa eine klare europäische Positionierung. Ob der Termin Fortschritte bei den strittigen Fragen - allen voran die Besetzung des Innenministeriums - gebracht hat, blieb offen.
(fd/apa)