Notre Dame: Wiedereröffnung!

5 Jahre nach Brand

(05.12.2024) Sie ist aus der Asche auferstanden und strahlt nun heller als je zuvor: Die Pariser Kathedrale Notre-Dame wird gut fünf Jahre nach dem verheerenden Brand am kommenden Wochenende wieder eröffnet. Nur ein kleines Stück Blei, das die Restauratoren in der Hand eines marmornen Christus gelassen haben, erinnert an den Zustand der Kirche nach dem Feuer. Damals war der mittelalterliche Dachstuhl in Flammen aufgegangen, das Bleidach war geschmolzen.

"Der Schock der Wiedereröffnung wird genau so groß sein wie der des Brandes", sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, als er bei einem Vorab-Besuch den Handwerkern dankte. "Sie haben geschafft, was viele für unmöglich hielten", sagte er ihnen. Als die Asche noch nicht erkaltet war, hatte Macron 2019 versprochen, die Kathedrale innerhalb von fünf Jahren wieder aufzubauen - und zwar "schöner als vorher".

Viele hielten es für vermessen, so über ein Meisterwerk der Gotik zu sprechen, dessen herabstürzender Spitzturm ein Loch in die Kuppel über der Vierung gerissen hatte. Zudem war nach dem Brand alles mit giftigem Bleistaub überzogen, der erst aufwendig entfernt werden musste.

Brand hatte hohe Spendenbereitschaft ausgelöst

Es mag eine Mischung aus Größenwahn und politischem Instinkt gewesen sein - Macron behielt recht. "Sie haben der Welt bewiesen, dass nichts der Kühnheit, dem Willen und der Entschlossenheit widersteht", sagte Macron den am Wiederaufbau Beteiligten - und meinte damit wohl auch sich selbst.

Dass Notre-Dame zu den wenigen Pariser Baustellen zählt, auf denen der Zeitplan eingehalten wird, ist aber nicht nur Macrons Willen, sondern vor allem der beispiellosen Spendenbereitschaft zu verdanken, die die dramatischen Bilder der brennenden Kirche am 15. April 2019 ausgelöst hatten.

Etwa 846 Millionen Euro an Spenden kamen zusammen - so viel, dass noch gut 140 Millionen übrig blieben, die nun für die ohnehin anstehende Restaurierung der Apsis und der Strebepfeiler verwendet werden.

Staat und Kirche in Frankreich streng getrennt

Es zählt zu den Besonderheiten Frankreichs, dass Staat und Religion dort strenger getrennt sind als anderswo - zugleich aber auch enger verbunden, weil der Staat Eigentümer aller Kirchen ist, die vor 1905 gebaut wurden. Dies erklärt auch, warum Macron als oberster Bauherr von Notre-Dame auftrat.

Der Präsident hätte der Kathedrale allzu gerne seinen Stempel aufgedrückt, etwa durch einen zeitgenössischen Spitzturm. Dies hätte ihn in eine Reihe gestellt mit seinen Vorgängern, die in Paris eine neue Nationalbibliothek oder ein Museum für außereuropäische Kunst hinterließen.

Die Charta von Venedig, die festlegt, dass ein historisches Bauwerk nach einem Unglück originalgetreu wieder aufgebaut werden soll, verhinderte dies. Aber Macron setzte durch, dass ein Teil der Fenster aus dem 19. Jahrhundert durch zeitgenössische Werke ersetzt wird. Im Gespräch dafür ist etwa der Konzeptkünstler Daniel Buren.

Kirche wird weiterhin kostenfrei zu besuchen sein

Heftig debattiert wurde auch über den Vorschlag von Kulturministerin Rachida Dati, für Notre-Dame künftig Eintritt zu erheben. Erzbischof Laurent Ulrich hielt dem entgegen, dass Notre-Dame weiterhin "alle mit offenen Armen" empfangen wolle. Um den Besucherandrang zu kanalisieren, soll von Samstag an eine Online-Anmeldung für ein bestimmtes Zeitfenster möglich sein. Es wird mit jährlich bis zu 15 Millionen Besuchern gerechnet.

Wer Notre-Dame vor dem Brand besucht hat, wird das Bauwerk kaum wiedererkennen: Der helle Kalkstein ist von jahrhundertealtem Ruß und Dreck befreit. Durch die gereinigten Fenster - von denen vier in einer Kölner Dombauhütte restauriert wurden - fällt mehr Licht denn je hinein und bringt die frischen Farben und das Blattgold der Wandmalereien zum Strahlen. Auch die 2.300 Statuen sind frisch geputzt.

Nehammer, Trump und viele andere Regierungschefs erwartet

Zur Eröffnungsfeier am Samstag haben sich der designierte US-Präsident Donald Trump und etwa 50 Staats- und Regierungschefs angesagt, unter ihnen auch Deutschlands Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Aus Österreich wird Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) in Vertretung und auf die Bitte von Bundespräsident Alexander Van der Bellen nach Frankreich reisen. "Die Wiedereröffnung der Kathedrale Notre-Dame in Paris ist ein historischer Moment, der die Herzen der Menschen weltweit berührt. Notre-Dame ist nicht nur ein Meisterwerk der Architektur, sondern auch ein Symbol für die Geschichte, Kultur und den Glauben von Frankreich und der ganzen Welt", so Nehammer.

Macron will auf dem Vorplatz der Kirche eine Ansprache halten. Anschließend klopft der Pariser Erzbischof Laurent Ulrich mit dem Bischofsstab an die Tür und zieht dann feierlich in die Kirche ein. Im Inneren wird er die Orgel nach einem katholischen Ritus "aufwecken" und weihen. Anschließend sollen die Lobgesänge "Magnificat" und "Te Deum" angestimmt werden.

Am Sonntag feiert der Erzbischof dann die erste Messe in der restaurierten Kathedrale, bei der auch der neue Bronze-Altar geweiht werden soll. Dazu werden etwa 170 Bischöfe aus Frankreich und anderen Ländern und mehr als 100 Priester aus den Pariser Pfarreien erwartet. Im Anschluss ist ein Festmahl für Bedürftige geplant.

(apa/mc)

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