Mit VR-Brille gegen Flugangst

Forscher optimistisch

(19.03.2025) In Zukunft dürften Menschen mit Flugangst (Aviophobie) auch auf Hilfe per virtueller Realität zählen können. Interventionen mit VR-Brillen hätten sich in Studien bereits als wirksam erwiesen, hieß es vor kurzem bei einer Pressekonferenz des deutschen Centrum für Reisemedizin (CRM) anlässlich eines Fachkongresses in Berlin.

Ein ungutes Gefühl beim Start eines Flugzeugs oder bei Turbulenzen - das kennt jeder, der schon einmal geflogen ist. Solche Gefühle legen sich aber zumeist wieder schnell. "Mit echter Flugangst hat das nichts zu tun", sagte Udo Wortelboer, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie in Frankfurt am Main, bei der Pressekonferenz aus Anlass des 26. Forums Reisen und Gesundheit.

Von Flugphobie im engeren Sinne spreche man erst, wenn die Angst auch losgelöst von der Situation fortbestehe, es zum Beispiel bereits bei der Planung einer Flugreise zu Panikattacken komme. Auch bei ungewolltem und ausgeprägtem Vermeidungsverhalten - wenn das Besteigen eines Flugzeugs trotz des objektiv sehr geringen Gefahrenpotenzials unmöglich erscheint - könne professionelle Hilfe notwendig sein, betonte der Experte. Laut deutschen Umfragen dürften rund 15 Prozent der Flugreisenden die Symptome einer Aviophobie haben.

Aviophobie - eine von vielen Angststörungen

Bei dem Phänomen handelt es sich um eine von vielen Angststörungen, welche Menschen betreffen können. "Wie andere Angststörungen wird auch die Flugangst in der Regel nach den Prinzipien der kognitiven Verhaltenstherapie behandelt. In meist ein- oder zweitägigen Seminaren werden Informationen dazu vermittelt, wie Ängste entstehen und welche biologische Funktion sie erfüllen. Außerdem werden Einblicke in die Routineabläufe im Flugzeug gegeben und die hohen Sicherheitsstandards erklärt. Die Theorie reicht aber nicht aus. "Im Zentrum steht jedoch die Konfrontation mit der angstauslösenden Situation", sagte Wortelboer. Flugangst-Seminare werden daher oft in Kooperation mit Fluglinien angeboten und schließen mit einem Flug ab.

In Zukunft könnten aber solche echten Übungsflüge durchaus durch die VR-Technologie ergänzt oder gar ersetzt werden. Sie ermöglicht es, in eine dreidimensionale digitale Umgebung einzutauchen und dort Erfahrungen zu sammeln, die denen in der realen Welt sehr nahekommen. Das gilt für die verschiedensten Angststörungen und deren unterschiedliche Auslöser.

"Mithilfe einer VR-Brille und der entsprechenden Software können sich die Anwender auch ihren Ängsten stellen - eine Spinne (Spinnenphobie; Anm.) aus der Nähe betrachten, aus der Höhe in einen Abgrund blicken oder eben in ein Flugzeug steigen. Bei modernen Geräten wird der realistische Eindruck oft noch durch vibrotaktile Elemente verstärkt, die zum Beispiel über Handschuhe, eine Weste oder speziell ausgerüstete Sitze vermittelt werden. Damit lassen sich auch die Bewegungen während eines Fluges realitätsnah simulieren", stellte das Centrum für Reisemedizin fest.

Mehr und spezifischere "Flugerfahrungen"

In Studien haben sich solche immersiven VR-Flugerfahrungen bereits als therapeutisch wirksam erwiesen. "Außerhalb von Forschungsvorhaben sind sie allerdings noch kaum verfügbar", sagte Wortelboer. Der deutsche Experte rechnet aber damit, dass sich das in den kommenden Jahren ändern wird. Die Technik sei ja auch ökonomisch interessant: Ein simulierter Flug sei aufgrund der entfallenden An- und Abreise wesentlich weniger zeitaufwendig als ein echter. Außerdem könne die VR individuell angepasst und angstauslösende Flugsituationen direkt herausgegriffen werden und bei Bedarf häufiger und intensiver geübt werden.

"Vom Besuch eines Flugangst-Seminars profitieren am ehesten Menschen mit einer mittelstarken Flugangst", sagte Wortelboer. Ihnen empfahl er, ein solches Seminar dann zu buchen, wenn in absehbarer Zeit eine Flugreise geplant sei. Dann lasse sich der therapeutische Effekt optimal nutzen. Betroffene mit sehr starker Flugphobie oder weiteren Ängsten oder depressiven Symptomen sollten in jedem Fall eine eingehende Diagnostik und zielgerichtete Therapie erhalten.

Bei nur leicht ausgeprägter Symptomatik dagegen könnten bereits spezielle Hörbücher oder Apps helfen, die auch während des Fluges genutzt werden könnten. Zur Verwendung von 3D-Datenbrillen in der Behandlung psychischer Störungen inklusive von Angststörungen, zum Beispiel Flugangst, ist bereits vor rund zwei Jahren in der deutschen Fachzeitschrift "Der Nervenarzt" eine Übersichtsarbeit erschienen, auf die sich der Frankfurter Psychiater bei der Pressekonferenz bezog.

Gute Ergebnisse in Studie

Die Virtuelle Expositionstherapie (VRET) in der Behandlung der spezifischen Phobie (durch Einzelauslöser; Anm.) und der Agoraphobie (Angst vor dem öffentlichen Raum; Anm.) mit Panikstörung sei laut der Auswertung der wissenschaftlichen Literatur "gleich wirksam wie die traditionelle Expositionstherapie in vivo (in Realität; Anm.)", hieß es in der Publikation (doi: 10.1007/s00115-022-01378-z). VRET könne als Erweiterung einer psychotherapeutischen Behandlung von Angststörungen gesehen werden.

Die langfristigen Effekte einer Behandlung der Aviophobie per 3D-Immersion werden demnach auch durch eine Studie gestützt, in der 98 Betroffene befragt wurden. Sie berichteten von einer signifikant größeren Anzahl an Flugreisezeiten im Vergleich zur Zeit vor der VRET-Intervention gegen ihre Flugangst. In Deutschland wurde zur Behandlung von Angststörungen mittels virtueller Realität bereits eine Leitlinie für Psychiater und Psychotherapeuten erstellt. Demnach "kann VRET zur Behandlung einer sozialen Phobie als Begleittherapie zusätzlich zu einer Standardpsychotherapie angeboten werden, sollte diese aber nicht ersetzen. Zusätzlich kann bei Spinnen-, Höhen- oder Flugphobie VRET eingesetzt werden, wenn die traditionelle Exposition" in der Realität nicht verfügbar oder nicht möglich sei.

(apa/mc)

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