Mädchen (12) missbraucht!
Nächster Täter frei!
(07.01.2025) Die Richterin hat den nächsten Freispruch erteilt. Mädchen war im Zweifelsfall mit dem Oralverkehr einverstanden? Im Fall einer 2023 in Wien-Favoriten von einer Jugend-Gruppe mutmaßlich mehrfach sexuell missbrauchten Zwölfjährigen ist heute am Landesgericht ein weiterer Beschuldigter vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen worden. Das Gericht ging dabei nach dem Zweifelgrundsatz zugunsten des 17 Jahre alten Angeklagten vor. "Er konnte davon ausgehen, dass sie das freiwillig gemacht hat", stellte die vorsitzende Richterin in der Begründung fest.
Womöglich habe es bei dem Mädchen "eine innere Ablehnung" gegen die inkriminierte Handlung gegeben. Es sei aber "nicht erwiesen, dass das für den Angeklagten erkennbar war." Im Zweifel sei weiters "nicht feststellbar", dass Gewalt angewendet worden sei. "Es passiert oft, dass man zuerst Nein sagt und sich dann durch Zärtlichkeiten überzeugen lässt", hielt die Vorsitzende eines Schöffensenats fest. Der Freispruch ist nicht rechtskräftig. Die Staatsanwältin gab dazu vorerst keine Erklärung ab. Gegen 17-Jährigen wurde seit November verhandelt.
Gegen den aus Syrien stammenden Burschen - er war 2016 nach Österreich geflüchtet, ist den jugendgerichtlichen Erhebungen zufolge mittlerweile gut integriert, spricht bestens Deutsch und hat eine Lehrstelle - war seit vergangenem November verhandelt worden. Am zweiten Verhandlungstag wurde er unter Ausschluss der Öffentlichkeit ergänzend befragt, danach wurde ein Zeuge vernommen, wobei die Öffentlichkeit dabei ebenfalls nicht zugelassen war.
Mediales Aufsehen
Der Fall der mittlerweile 13-Jährigen hatte im Vorjahr für mediales Aufsehen gesorgt. Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt gegenüber ein Dutzend minderjähriger Burschen und einen 19-Jährigen wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen (§ 206 StGB), weil sie das Mädchen im Antonspark in Favoriten kennengelernt und sich in weiterer Folge an der Unmündigen vergangen haben sollen. Dieses Verfahren ist noch im Laufen. Ein 16-Jähriger wurde demgegenüber in einem separaten Prozess bereits Anfang Dezember am Landesgericht freigesprochen. Ihm war ebenfalls Vergewaltigung angekreidet worden. In dieser Causa kam das Gericht zum Schluss, dass dieser Geschlechtsverkehr "völlig einvernehmlich" gewesen sei. Es habe keine Gewalt gegeben. Für den Jugendlichen sei "nicht erkennbar" gewesen, dass das Mädchen mit dem Geschlechtsverkehr nicht einverstanden war. Dieser Freispruch ist mittlerweile rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft hat ihn nicht bekämpft, wurde der APA Dienstagmittag seitens der Anklagebehörde bestätigt.
Treffen mit 17-Jährigem in Parkhaus
Im gegenständlichen Verfahren war der 17-Jährige - im Tatzeitpunkt war er erst 15 - über Snapchat mit der damals Zwölfjährigen in Kontakt gekommen. Sie ließ ihm zunächst Nacktbilder und Videos zukommen, auch der Bursch schickte ihr ähnliches Material. Anfang 2023 trafen sich die beiden in einem Park, um dann aufgrund der Kälte in ein nahe gelegenes Parkhaus zu gehen, wo das Mädchen und der junge Syrer das oberste Stockwerk aufsuchten. Dort soll es zunächst zu einem freiwilligen Kuss gekommen sein, danach habe der 17-Jährige das Mädchen zur Vornahme von Oralverkehr gebracht, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft.
Gewaltelement eigentlich erfüllt
Dazu sei es gekommen, "obwohl sie klar und deutlich gesagt hat, dass sie das nicht will", wie die Staatsanwältin am Ende zusammenfasste. Der Bursche habe sie dessen ungeachtet "mehrmals darum gebeten" und am Kopf erfasst. Insofern sei "das Gewaltelement erfüllt".
Angeklagter "tatsachengeständig"
Sein Mandant sei "tatsachengeständig" und wisse, "dass er einen Fehler gemacht hat", hielt dem der Verteidiger entgegen. Es liege jedoch keine Vergewaltigung vor. Der Jugendliche habe das Mädchen um Oralverkehr "gebettelt" und am Ende dazu überredet: "Das war falsch." Als Zeichen einer symbolischen Wiedergutmachung überreichte der 17-Jährige dem Rechtsvertreter der 13-Jährigen im Verhandlungssaal einen 100 Euro-Schein.
Dem Mädchen geht es schlecht
Dem Mädchen gehe es "sehr schlecht", meinte der Wiener Rechtsanwalt Sascha Flatz, der die Interessen der Betroffenen vertritt. Diese habe den Wohnort, die Schule und den Freundeskreis wechseln müssen. Der Angeklagte habe "die Ich-Schwäche" des Mädchens ausgenützt.
Weiter Nacktbilder geschickt?
Ungeklärt blieb in der Verhandlung, weshalb die Betroffene nach dem von ihr zur Anzeige gebrachten Sex dem 17-Jährigen danach weiter Nacktbilder zukommen hatte lassen. Einem von der renommierten Kinder- und Jugendpsychiaterin Gabriele Wörgötter eingeholten Gutachten zufolge liegt bei dem Mädchen keine posttraumatische Belastungsstörung vor.
(fd/apa)