ESC: Wiener Duo für Deutschland

Abor & Tynna bei Stefan Raab

(02.03.2025) Das österreichische Duo Abor & Tynna wird für Deutschland beim Eurovision Song Contest (ESC) antreten. Die aus Wien stammenden Geschwister haben Samstagabend den von Entertainer Stefan Raab mitorganisierten Vorentscheid gewonnen. Mit ihrem Lied "Baller" setzten sie sich knapp vor der Sängerin Lyza durch. Damit nimmt Deutschland erstmals seit 2007 wieder mit einem deutschsprachigen Lied am weltweit meistbeachteten Musikwettbewerb teil.

Raab gab sich danach sehr überzeugt von dem Titel "Baller", mit dem das Duo am 17. Mai in Basel ins Rennen gehen wird. "Wenn man in Deutschland noch wetten könnte auf ESC-Songs, ich würde all mein Geld darauf setzen, dass dieser Song gewinnt", verkündete er selbstbewusst.

Die Geschwister - mit bürgerlichem Namen Tünde und Attila Bornemisza - stammen aus einer musikalischen Familie aus Wien. Ihr Vater Csaba Bornemisza ist Cellist bei den Wiener Philharmonikern. Beide spielten schon früh klassische Instrumente. Den ersten gemeinsamen Song nahmen Bruder und Schwester 2016 auf, 2024 waren Abor & Tynna als Supportact bei der Tour von Nina Chuba dabei.

"Baller" allerdings klingt ganz und gar nicht nach Mozart oder Beethoven, sondern ist eine Mischung aus Pop, Hip-Hop und Elektronik. Schwester Tynna singt, Bruder Abor sitzt am Cello. Bei ihrem Auftritt beim Vorentscheid zerdepperte Tynna als Gimmick auf der Bühne das ehrwürdige Instrument. Die Idee dazu sei von Raab gekommen, verriet sie.

Halsschmerzen und Trennungsschmerz

"Ich hab' noch nicht ganz verstanden, dass wir jetzt gewonnen haben und es braucht noch ein bisschen", sagte die Sängerin. Feiern könne sie auch nur "in Maßen", sie sei ein wenig krank und habe Halsschmerzen - was man auf der Bühne aber nicht bemerkte. Der Song sei ein Trennungssong, den sie im Herbst geschrieben hätten, sagte sie. Zuvor habe sie eine Trennung durchgemacht.

Eigentlich sei ein anderer Song für den ESC vorgesehen gewesen, in englischer Sprache. Im Austausch mit Raab wurde dann aber "Baller" ausgesucht.

Der ist nun ESC-Titel und größtenteils auf Deutsch, was es eine ganze Weile lang nicht mehr gegeben hat. 2007 sang Roger Cicero beim ESC in Helsinki für Deutschland "Frauen regier'n die Welt". Moderatorin Barbara Schöneberger mutmaßte, dass "Baller" internationales Format habe - "weil keiner genau versteht, worum es geht".

"So die junge weibliche Udo Lindenberg"

Beim Vorentscheid war das Lied, das sehr nach der jungen Generation Z klingt, gleichwohl der "modernste Song hier im Wettbewerb", wie es Chef-Juror Raab formulierte. Auch über Sängerin Tynna äußerte sich der 58-Jährige - auf seine Art - lobend. "Du bist ja keine klassische Sängerin-Sängerin", sagte er zum eigenwilligen Stil der 24-Jährigen. Sein Vergleich dazu lautete: "Irgendwie bist du so die junge weibliche Udo Lindenberg." Raab wollte das positiv verstanden wissen. "Deine A-Laute klingen häufig wie O-Laute".

Abor & Tynna setzten sich am Ende eines langen Abends in Hürth bei Köln durch, in den zunächst neun Bewerber gestartet waren. Die Jury um Raab verkleinerte den Kreis dann auf fünf Kandidaten - und warf unter anderem die Mittelalter-Rockband Feuerschwanz raus, die viele treue Fans hat und offenbar nicht nur diese faszinierte. Damit schien klar, dass es auf Abor & Tynna hinauslaufen könnte. Sie galten als Mitfavoriten.

Am Ende wurde es ganz knapp

In der letzten Runde durfte dann das Publikum abstimmen. Und es wurde knapp: Mit etwas mehr als einem Drittel der Stimmen lag das Geschwister-Duo hauchdünn vor der Berliner Sägerin LYZA, die 1,5 Millionen Tiktok-Follower hat.

Raab hielt sich nicht lange mit der Nachbesprechung auf. Man werde sich nun zügig mit allen Beteiligten zusammensetzen und überlegen, welche Möglichkeiten es etwa zur Inszenierung auf der ESC-Bühne gebe. Das Finale findet am 17. Mai in der Schweiz statt.

Mit Lena wurde Raab zum ESC-Guru

Den 58-jährigen Entertainer umgibt spätestens seit dem unter seiner Ägide im Jahr 2010 errungenen Sieg von Lena Meyer-Landrut mit dem Song "Satellite" die Aura eines ESC-Gurus. Nach einer längeren Pause ist er nun wieder am Auswahlprozess beteiligt - und setzt dabei die ganze Wucht seines Namens ein. Der Vorentscheid trug den selbstbewussten Obertitel "Chefsache ESC 2025". Die ARD und Raabs neuer Heimatsender RTL hatten dafür kooperiert. Dem Aufruf des "Raabinators", sich unter seine ESC-Fittiche zu begeben, folgten rund 3.300 Bewerber.

Deutschland ESC-Schmerz ist in den Jahren ohne Raab durchaus gewachsen. Seit 2015 hagelte es letzte oder vorletzte Plätze. Lichtblicke waren nur Michael Schulte (2018, 4. Platz) und im vergangenen Jahr Sänger Isaak (12. Platz).

Sein Anspruch sei, den ESC zu gewinnen, sagte Raab in der Nacht auf Sonntag. "Wenn man nicht gewinnen will, braucht man nicht hinfahren", sagte er in Anzug und Krawatte zwischen Abor & Tynna sitzend.

Die Geschwister verrieten, dass sie noch nie in der Schweiz gewesen seien. Auf die Frage, was sie sich dort anschauen wollten, antwortete Abor nach einigem Nachdenken: "Den Teilchenbeschleuniger." Originell ist der deutsche ESC-Beitrag in diesem Jahr allemal.

(APA/CD)

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